Wie Europa von außen wirkt-„Gefahr eines schleichenden EU-Zerfalls“
12.05.2019 06:35: Im heute.de-Interview spricht der Schweizer Autor Niklaus Nuspliger über hausgemachte Probleme der EU, nationalistische Kräfte und Chancen für Europa durch echte Bürgerbeteiligung.
heute.de:Sie erforschen das Innenleben der Europäischen Union (EU) als Korrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung“ in Brüssel. Wie erleben Sie als Schweizer die EU tagtäglich?
Niklaus Nuspliger: Brüssel ist eine sehr internationale Stadt, und doch verkehren viele Medienschaffende, Beamte und Abgeordnete in nationalen Blasen. Als Schweizer Journalist beobachte ich die EU nicht aus der Perspektive eines Mitgliedstaats, sondern versuche, das große Ganze im Blick zu halten. Die EU hat ja durchaus Ähnlichkeiten mit der Schweiz mit ihren unterschiedlichen Sprach- und Kulturräumen, sie wirkt aber auf die Bevölkerung wesentlich komplexer und undurchsichtiger.
heute.de:Sie kommen viel herum in Europa; aktuell erreichen wir Sie in Rumänien. Wenn Sie mit Bürgern dort, aber auch in anderen Teilen des Kontinents über die EU sprechen, welche Eindrücke bekommen Sie da derzeit vor allem vermittelt?
Nuspliger: Ich habe den Eindruck, dass die meisten Bürger pro-europäisch eingestellt sind. Aber sie sind unzufrieden mit der real existierenden EU. An einem Bürgerdialog mit EU-Kommissions-Präsident Jean-Claude Juncker vor dem EU-Gipfel in Sibiu fragte ein junger Rumäne, warum die EU-Regierungschefs über die Zukunft diskutierten, ohne die Jugendlichen an den Gipfel einzuladen. Dieses Bedürfnis nach mehr Partizipation spüre ich in ganz Europa, es hat sich auch in Frankreich in den Protesten der Gelbwesten entladen.
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