Handelsblatt, 23.5.2019

Wie Europa zu mehr Zusammenhalt finden kann

Europa muss sich reformieren – aber wie? Mehrere Buchtitel machen vor der anstehenden Wahl Vorschläge, um die Europäer einander näher zu bringen. Eva Fischer 23.05.2019 – 15:10 Uhr 

In drei Büchern werden Lösungen vorgestellt, die Europa zu mehr Zusammenhalt führen könnten. Quelle: dpa

In drei Büchern werden Lösungen vorgestellt, die Europa zu mehr Zusammenhalt führen könnten.(Foto: dpa)

Brüssel Die Landeskürzel auf den Namenskarten zeigen, wo die Deutschen, Niederländer, Italiener, Spanier, Franzosen, Portugiesen und all die anderen Nationen ihren Platz haben. Es ist ein Treffen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, einer beratenden EU-Institution im Brüsseler Politikbetrieb.

Am Rand des Konferenzsaals befinden sich 23 schalldichte Kabinen hinter einer Glasfront. Dort sitzen die Dolmetscher für die Amtssprachen der EU, darunter Minisprachen wie Maltesisch und Gälisch. Die Luxemburger haben auf eine letzeburgische Simultanverdolmetschung verzichtet, deshalb gibt es nur 23 und nicht 24 Kabinen. Aber auch so ist es ein Wirrwarr für die Übersetzer: Jede Sprache in jede andere zu übersetzen ergibt rein rechnerisch 276 Kombinationen.

Rein räumlich sind sich die Europäer wohl nirgendwo so nah wie in den EU-Institutionen. Und doch liegt eine große Barriere zwischen ihnen. Jakob, Jack, Jacques, Giacomo und Jakub reden zwar miteinander und tauschen Argumente aus, aber eben nur mithilfe von Dolmetschern.

Hier geht’s zur Buchbesprechung.


Interview Augsburger Allgemeine, 22.5.2019

Schweizer Journalist Nuspliger: „Demokratien sterben schleichend“

Europa-Sterne
Symbolträchtig: Europas Sterne drohen zu sinken.Bild: Kay Nietfeld, dpa (Archiv)

Der Schweizer Journalist und Buchautor Niklaus Nuspliger spricht im Interview über die Frage, ob und wie Europa noch zu retten ist.

Stifter.jpg

VON MICHAEL STIFTER

Herr Nuspliger, sind die Schweizer froh, dass Sie das „Endspiel um Europa“ nur vom Spielfeldrand aus beobachten müssen?

Niklaus Nuspliger: Es stimmt schon, wir sind nicht so direkt betroffen. Aber die Schweizer interessieren sich schon sehr dafür, was mit diesem Europa passiert, mit dem sie ja in vielerlei Hinsicht verbunden sind. Kommt es zum Beispiel wirklich zum Schulterschluss von Nationalisten? Manche Schweizer hoffen sogar darauf, weil sie glauben, das würde mehr Verständnis für die Sonderrolle unseres Landes als „gallisches Dorf“ in Europa erzeugen. Ich halte das für eine Illusion.

Haben einzelne EU-Länder überhaupt eine Chance auf der Weltbühne?

Nuspliger: Die USA, Russland oder China nehmen keine große Rücksicht mehr auf andere. In einer Welt, in der nur noch das Recht des Stärkeren gilt, werden die europäischen Länder nur dann eine Rolle spielen, wenn sie gemeinsam auftreten.

Hier geht’s zum Interview.

Mehr Nationalismus heisst weniger Demokratie, SGAP, Mai 2019

 Rudolf Wyder | Mai 2019 Die Europawahlen 2019 stehen im Zeichen einer demokratiepolitischen Multikrise: Zwischen Nationalismus, Populismus und Desinformation – wohin navigiert Europa?

Pünktlich zur Neuwahl des Europäischen Parlaments legt der EU-Korrespondent der NZZ Niklaus Nuspliger eine höchst lesenswerte Analyse zur Lage der Demokratie in Europa und zu ihren Zukunftsperspektiven im nationalen und übernationalen Rahmen vor. Für seine gründlich recherchierte und klug abwägende, dabei leicht lesbare Darstellung kann der Autor auf reiche Erfahrung aus seiner Korrespondententätigkeit in Brüssel und zuvor New York sowie von Reportagen in verschiedenen Weltteilen zurückgreifen.

Europa steht am Scheideweg. Nicht nur auf europäischer, auch auf nationalstaatlicher Ebene leiden die demokratischen Institutionen unter der Erosion von Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Nuspliger spricht in Anlehnung an den Politologen Larry Diamond von «demokratischer Rezession». Sie äussert sich etwa in schwindendem Rückhalt traditioneller Volksparteien, in rückläufiger Stimmbeteiligung oder in der Konjunktur, welche Protestparteien und Demagogen aller Couleur geniessen. Und in gelegentlichen plebiszitären Kurzschlusshandlungen, möchte man ergänzen.

Hier geht’s zur Kritik.

May 15th Book Presentation in Brussels

Can Innovation and Direct Engagement Bring European Democracy Back to the People? 

A joint event of the Friedrich Naumann Foundation for Freedom and
the Mission of Switzerland to the EU, with a book presentation by N. Nuspliger

flag-1198978_1920

Niklaus Nuspliger, author of „Europa zwischen Populisten-Diktatur und Bürokraten-Herrschaft“ (“Europe between Populist Dictatorship and Bureaucratic Rule”) identifies two main reasons for the European democracy crisis. On the one hand, citizens in the “institutional jungle” of the EU have lost the overview and possibility to influence. On the other hand, representative democracy has generally fallen into crisis, therefore fueling a sense of disempowerment among citizens. This results in the loss of confidence in the institutions, growing political apathy, the declining performance of traditional people’s parties, but also political polarization and fragmentation. Nuspliger offers ways out of this dilemma between authoritarianism and technocracy, through stronger and more innovative direct involvement of citizens.

This event will discuss the state of the union, forms of democratic innovation, as well as direct participation by citizens as a way to bring European democracy back to the people.

Wednesday, 15 May 2019

Registration: 12:00h

Event & Light Lunch: 12:15 – 14:00h

Venue: Swiss Mission to the EU, Place de Luxembourg 1, 1050 Brussels

Kindly register for this event by 13 May 2019 at https://tinyurl.com/y4gojmgc *

Welcome:

Urs Bucher
Head of the Swiss Mission to the EU

Thomas Ilka

Director European Dialogue,
Friedrich Naumann Foundation for Freedom

Speakers:

Niklaus Nuspliger
Author, Brussels Correspondent of NZZ

Alexander Miesen

President, Parliament of the German-speaking Community

Simona Pronckute (tbc)

Board member, ECI Campaign

Moderator:

Valentina Pop

Brussels correspondent, Wall Street Journal

The event will be accompanied by simultaneous interpretation in German and English.

Interview, ZDF, 12.5.2019

Wie Europa von außen wirkt-„Gefahr eines schleichenden EU-Zerfalls“

12.05.2019 06:35: Im heute.de-Interview spricht der Schweizer Autor Niklaus Nuspliger über hausgemachte Probleme der EU, nationalistische Kräfte und Chancen für Europa durch echte Bürgerbeteiligung.

Demonstration in Brüssel
Die meisten Bürger seien pro-europäisch eingestellt aber unzufrieden mit der real existierenden EU, sagt der Schweizer Journalist Nuspliger. 
Quelle: dpa

heute.de:Sie erforschen das Innenleben der Europäischen Union (EU) als Korrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung“ in Brüssel. Wie erleben Sie als Schweizer die EU tagtäglich?

Niklaus Nuspliger: Brüssel ist eine sehr internationale Stadt, und doch verkehren viele Medienschaffende, Beamte und Abgeordnete in nationalen Blasen. Als Schweizer Journalist beobachte ich die EU nicht aus der Perspektive eines Mitgliedstaats, sondern versuche, das große Ganze im Blick zu halten. Die EU hat ja durchaus Ähnlichkeiten mit der Schweiz mit ihren unterschiedlichen Sprach- und Kulturräumen, sie wirkt aber auf die Bevölkerung wesentlich komplexer und undurchsichtiger.

heute.de:Sie kommen viel herum in Europa; aktuell erreichen wir Sie in Rumänien. Wenn Sie mit Bürgern dort, aber auch in anderen Teilen des Kontinents über die EU sprechen, welche Eindrücke bekommen Sie da derzeit vor allem vermittelt?

Nuspliger: Ich habe den Eindruck, dass die meisten Bürger pro-europäisch eingestellt sind. Aber sie sind unzufrieden mit der real existierenden EU. An einem Bürgerdialog mit EU-Kommissions-Präsident Jean-Claude Juncker vor dem EU-Gipfel in Sibiu fragte ein junger Rumäne, warum die EU-Regierungschefs über die Zukunft diskutierten, ohne die Jugendlichen an den Gipfel einzuladen. Dieses Bedürfnis nach mehr Partizipation spüre ich in ganz Europa, es hat sich auch in Frankreich in den Protesten der Gelbwesten entladen.

Hier geht’s zum Interview.

Im Labyrinth Europas: Gastbeitrag für die NZZ am Sonntag, 11.5.2019

5000 Menschen pendeln für die EU zwischen Brüssel und Strassburg. Sie brauchen acht Lastwagen voller Akten und diskutieren in 24 Sprachen. Ist die EU ein Bürokratiemonster? Wie mächtig ist das Parlament? Und kann man die EU neu denken? Niklaus Nuspliger

Der TGV, der den Brüsseler Südbahnhof an diesem Morgen in Richtung Strassburg verlässt, ist bis auf den letzten Platz gefüllt. An Bord sind neben ein paar Touristen vor allem Medienschaffende, Lobbyistinnen sowie Mitarbeiter der Europaabgeordneten, die einmal im Monat zwischen den beiden Tagungsorten des Europaparlaments hin- und herfahren.

Im Speisewagen wähnt man sich auf einer paneuropäischen Klassenfahrt, doch Reisefreude kommt nicht auf. Ginge es nach den Abgeordneten, wären die Plenardebatten in Strassburg längst abgeschafft. Die parlamentarischen Dienste haben eine ganze Liste mit Argumenten erstellt, die für die Konzentration auf einen einzigen Tagungsort sprechen.

Nicht nur 5000 Personen, sondern auch acht Lastwagen mit Akten müssen jeden Monat von Brüssel nach Strassburg und wieder zurück befördert werden. Dies verursacht laut dem Parlament nicht nur unnötige CO2-Emissionen. Vielmehr muss das Strassburger Gebäude auch das ganze Jahr lang unterhalten werden, obwohl es nur an 42 Tagen im Jahr genutzt wird.

Hier geht’s zum Gastbeitrag.



Buchbesprechung NZZ, 9.5.2019

Europas herausgeforderte Demokratie

Niklaus Nuspliger über die Gefahren von Nationalpopulismus und Technokratie in Europa – und neue Möglichkeiten der Partizipation der Bürger

Christoph Wehrli

(hier geht’s zum Online-Artikel)

Werbung für die bevorstehenden Wahlen des Europäischen Parlaments. (Bild: Felipe Trueba / EPA)

Bei der bevorstehenden Wahl des Europaparlaments wird mit einem Erfolg jener Parteien gerechnet, denen die EU als Inbegriff bürgerferner Politik gilt. Sofern Nationalpopulisten in ihren Staaten beanspruchen, allein «den» Volkswillen zu vertreten, tendieren sie allerdings dazu, die liberale, pluralistische und rechtsstaatliche Demokratie infrage zu stellen. Darin sieht Niklaus Nuspliger, NZZ-Korrespondent in Brüssel, ebenso eine Gefahr wie in einer Technokratie, die sich auf Sachlogiken oder auf die Verarbeitung persönlicher Daten beruft, statt der Politik den nötigen Raum zu lassen.

An mehreren Orten erkundet der Journalist, begleitet von theoretischer Literatur, Probleme und neue Formen der europäischen Demokratie. So erläutert er die Entscheidungsverfahren in Brüssel —­ die starke Stellung des Ministerrats, die begrenzten Möglichkeiten des Parlaments und auch den grassierenden Lobbyismus —, er resümiert die autoritäre Entwicklung in Ungarn, beschreibt die Erfahrungen mit elektronischen Plattformen zur Bürgerbeteiligung in Reykjavik oder verfolgt in der Normandie eine lokale Versammlung als Teil einer von Paris angesetzten Konsultation.

Krisenerscheinungen zwischen «Elite» und «Basis» sind verbreitet, namentlich dienen die alten Volksparteien nicht mehr hinreichend als Kanäle. Der Autor setzt sich besonders mit der Rolle digitaler Kommunikationsmittel auseinander. Einerseits führen sie zu raueren Debatten, verstärken partikulare Sichtweisen und erleichtern die Desinformation. Vor allem Datenmissbrauch und intransparente Machenschaften sind zu bekämpfen, Nuspliger setzt dabei auf Kooperation von Unternehmen und Behörden. Anderseits versprechen die neuen Medien Chancen für den Einbezug der Bevölkerung. Diverse Städte experimentieren mit Plattformen für Vorschläge und Diskussionen. Für die «Deliberation», den Austausch auf der Suche nach einem Konsens, scheinen sich aber althergebrachte Zusammenkünfte nicht zu erübrigen.

Alle solchen Verfahren sieht Nuspliger als belebende, von den Behörden ernstzunehmende Ergänzung der üblichen politischen Prozesse. Verbindliche Volksentscheide schliesst er auch auf europäischer Ebene nicht aus (obschon sie die bloss vertragliche Grundlage der EU wohl strapazierten). Die Grösse und Vielfalt der Union rechtfertige deren Demokratiedefizit nicht. Auch wäre ein Rückzug auf den Nationalstaat kein Ausweg, da die EU viel eher eine Mitgestaltung der Globalisierung erlaubt. So erscheint ihre Anfechtung als eines der Paradoxe der Situation. In dem gut lesbaren, das Thema gewiss nicht erschöpfenden Buch vermeidet Niklaus Nuspliger Dramatisierungen und aufdringliche Töne. Er wägt sein Urteil ab und vertritt umso glaubwürdiger ein Engagement für eine Demokratie, die die Menschenrechte achtet und die Zukunftsdebatte offenhält.

Niklaus Nuspliger: Europa zwischen Populisten-Diktatur und Bürokraten-Herrschaft. NZZ Libro, Basel 2019. 200 S., Fr. 27.90.

BUCHVERNISSAGE «EUROPA ZWISCHEN POPULISTEN-DIKTATUR UND BÜROKRATEN-HERRSCHAFT»

DONNERSTAG 2. MAI, 18H30-20H00 IM POLIT-FORUM BERN

Am 26. Mai 2019 finden die Wahlen in das europäische Parlament statt. In seinem soeben erschienenen Buch stellt Niklaus Nuspliger, NZZ-Korrespondent in Brüssel, die gesamteuropäische Dimension der Demokratiekrise ins Zentrum und berichtet von Schauplätzen europäischer Politik. Für die Demokratie stellen sich von der nationalistischen Welle, über Fake News bis zu Bürokratisierungstendenzen existentielle Fragen – und die Europawahl 2019 stellt die Weichen.

Nach einem Input diskutiert Niklaus Nuspliger mit illustren Gästen unter der Leitung von Nicoletta Cimmino (Echo der Zeit).

Podiumsdiskussion:

Christa Markwalder (Nationalrätin FDP und seit 2003 Mitglied der Aussenpolitischen Kommission)   Nicola Forster (Präsident von foraus, dem Think Tank zur Aussenpolitik)  Niklaus Nuspliger (NZZ-Korrespondent in Brüssel) . Moderation:Nicoletta Cimmino (Radio SRF Echo der Zeit) .

Anmeldung: Online oder unter 031 310 20 60

Video: Buchpräsentation und Podiumsdiskussion, 2. Mai Politforum Käfigturm, Bern.

Podiumsdiskussion: Christa Markwalder (Nationalrätin FDP und seit 2003 Mitglied der Aussenpolitischen Kommission)   Nicola Forster (Präsident von foraus, dem Think Tank zur Aussenpolitik)  Niklaus Nuspliger (Autor «Europa zwischen Populisten-Diktatur und Bürokraten-Herrschaft, NZZ-Korrespondent in Brüssel).

Moderation:Nicoletta Cimmino (Radio SRF Echo der Zeit) .